Samstag, Sonne, Bayern – alles bene. Der Garten ist noch grün, die Temperaturen sind hoch, so wie der Rasen. Und genau da, zwischen den Halmen, finde ich ihn – den ersten Igel des Jahres. So klein wie ein Tennisball und eigentlich auch genauso agil. Ich krieche zu ihm und er…er kriecht nicht. Eingerollt reihen sich Stachel an Stachel mitten in der Sonne. Och nein, denke ich, der ist wohl im Igelhimmel.
Ich schaue ihn näher an. Meine Barthaare und seine Stacheln kommen sich gefährlich nahe. Und, und, und dann ?!? Er atmet! Yes, das Stachelknäuel bewegt sich, yes. Nur was tun? Überlebt er? In der Sonne? Die Dinger sind doch nachts unterwegs. Oder sonnt er sich? Igel? Rasen? Barfuss? Seestern? Apfelbaum? Äpfel, die wie Meteoriten von oben auf den Rasen brettern? Rasenmäher? Gemetzel? Schleim? Sonnenstich? Durst? … Ein Feuerwerk an Gedanken, kann ich euch sagen. Was also machen?
Schritt eins, Decke holen und den Igel-Tennisball genauer anschauen. Huhu, Servus, guten Tag, sage ich und drehe ihn in die Decke. Seine kleine schwarze Nase spitzt aus einem grauen Fell und dem Stachelmeer vielleicht so groß wie eine Stecknadel. Zwei Äuglein blinzeln verschmitzt und auch der Igel schaut ziemlich erstaunt. Love <3 ! Ich kann es nur so sagen.
Schritt zwei, Pappkarton, Blätter, Wasserstelle und Igelfutter (ja, gibt es). Natürlich gab es an diesem Samstag nur noch eine Aufgabe: HILF DEM IGEL! Mein Stachelfreund chillt während der Igel-Haus-Baumaßnahmen in der Decke, schnauf, schauf, blinzel, blinzel… noch ist alles gut.
Haus, nein Höhle fertig, auf geht’s, rein mit dir. Wasser, Futter, ein paar Äpfel, Blätter und eine Schüssel als Abdeckung, alles drin im Igelheim. Sekunden vergehen und tatsächlich: Die Kugel geht auf. Kleine Füßchen versuchen Boden zu finden, die schwarze Nase wird immer länger. Aus dem Schnaufen wird ein Schnuppern: Ohhhh, wasch riechtn da so guad?, denkt er ganz sicher; (es ist ein schwäbischer Igel).
Igel rennen wie Mäuse, wenn sie Maden riechen
Und tatsächlich, Futter und Wasser sind entdeckt und dann geht das Geschmatze los. Hau rein, sage ich. Läuft, sagt er und verputzt leckersten Madensalat und als Nachspeise Apfeltorte. Der Igel verputzt. Ich putze auch, aber meine Augen, denn mit jedem Bissen wird der Gute aktiver. Und nicht nur das. Im Rasen raschelt es. Igel Nummer zwei kommt angerannt. Kein Scherz, die Dinger können rennen. Wie eine Maus, die in einen Stecknadelhaufen gefallen ist. Freilich, auch du bist herzlich eingeladen. Decke, guten Tag, Hallole, Igelheim, mehr Madensalat, mehr Äpfel, Wasser, Schmatz-Schmatz. Alles gut!
Schritt drei, Infos sammeln, was weiter tun. Ich dachte, dass Igel um diese Zeit und vor allem tagsüber nicht derart aktiv sind. Außer, es geht ihnen nicht gut. Sollten die Freunde also in eine Igelstation? Oder sollten Sie neue Haustiere werden? Puh… Die Recherche im Netz hilft. In vielen Foren und bei Igelnothilfen heißt es, dass Igel im Sommer, teilweise erst im August geboren werden. Im September sind sie dann noch recht klein. Einer meiner Igel hatte 112 Gramm (vor der Futtertafel) – nicht viel. Man solle sich aber nicht sorgen, noch hätten sie Zeit zu fressen. Und das könne auch tagsüber sein. Es sei nomal, wenn die Tiere auf Futterreise gehen. Und die Sonne würden sie auch gut abhaben.
Gute Nachrichten also. Und dass es den Freunden im Karton ziemlich gut geht, zeigen sie. Wie im Bierzelt schaut es da nämlich inzwischen aus. Der eine steht mitten im Essen auf dem Tisch, der andere hat das Trinkgefäß umgeworfen. A Gaudi hamma!, sagt der eine Igel. Denke ich.
Schritt vier, Sperrstunde, freie Fahrt, zurück in den Garten. Nachdem ich mich versichert hatte, dass die Kleinen putzmunter sind und inzwischen lebten wie Igel in Frankreich, wusste ich: ab nach draußen. Back to nature! Decke, Habe die Ehre, Tschüssle, Rasen, rasen. Igel-Freiheit. Aber statt sich in der Hecke zu verkriechen, gab es weitere Erkundungstouren. Quer durch den Garten. Hmpf. Wieder die Gedanken mit dem Rasenmäher und den Apfel-Anschlägen aus der Luft. Aber gut, back to nature halt. Der Samstag geht zu Ende und mit ihm eine tolle Erfahrung. Noch schnell ein Selfie?, fragt es aus dem Gras. Denke ich. In Ordnung, sage ich! Smile. Auf unsere stachlige Freundschaft!
Foto/Selfie: Igel 1 Fotos: privat
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